Jetzt haben also auch die Gemeinden Büllingen und Bütgenbach „ihren“ Wolf. Die wallonischen Behörden haben das bestehende ständige vom Wolf besiedelte Gebiet nach Süden bis an die Warche bzw. die Straße Büllingen (ab Tiefenbach) – Losheimergraben ausgeweitet. Die neuen Grenzen legen die Vermutung nahe, dass sich ein Wolf im Bereich des Militärgeländes von Elsenborn niedergelassen hat.
Die Meute vom Hohen Venn – Hertogenwald stellte für die Viehhalter im Raum Elsenborn-Rocherath keine Bedrohung dar, aber mit der Einwanderung und Niederlassung eines neuen Wolfs im vergangenen Sommer hat sich die Lage grundlegend geändert. Denn das von uns vermutete Kerngebiet des neuen Wolfs grenzt direkt an landwirtschaftliche Flächen, von denen ein Teil als Rinderweide genutzt wird. Das wallonische Wolfsnetzwerk (Réseau Loup) weist darauf hin, dass sich dank der Dank der Ausweitung des permanenten Wolfssiedlungsgebiets nun auch die Viehhalter im Raum Nidrum, Elsenborn, Wirtzfeld, Rocherath und Mürringen kostenlos von Natagriwal beraten lassen können, wie sie ihre Herden am besten vor Wolfsangriffen schützen.
Trotzdem scheint es in unseren Augen nur eine Frage der Zeit, bis das erste Rind vom Wolf gerissen wird. Da hilft es auch nicht, dass die Wallonische Region in den betroffenen Gebieten bis zu 80% der Materialkosten für dauerhafte Schutzmaßnahmen (ab einem Viehbestand von 10 Tieren) übernimmt. Denn der Zeit- und Kostenaufwand für die Installierung und den Unterhalt des Schutzzauns bürdet man einseitig den Viehhaltern auf. Ein Zaun oder anderer Schutz mag deshalb für eine Handvoll Schafe oder Hühner- und Kaninchenställe realistisch sein, aber nie und nimmer für Rinderherden. Die Beihilfe ist übrigens an die Bedingung geknüpft, dass eine vorab durchgeführte Risiko- und Machbarkeitsanalyse ein signifikantes Gefährdungsniveau und eine hohe Wahrscheinlichkeit der Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen nachweist. Außerdem ist man so gnädig, den Viehhaltern nach einem Wolfsriss ein Sofortschutz-Kit (z.B. Flatterbänder (!) und sogar einen mobilen Elektrozaun) auszuleihen.
Und wenn das nicht hilft? Alles halb so schlimm, meint man in Namür. Und stellt Viehhaltern, die Wolfsrisse zu beklagen haben, eine Entschädigung in Aussicht. Diese ist an drei Bedingungen geknüpft:
Das Wolfsnetzwerk muss innerhalb von 48 Stunden nach dem vermeintlichen Angriff informiert werden, um den Riss eindeutigen dem Wolf zuordnen zu können (vorzugsweise ein genetischer Nachweis),
der Viehhalter muss über eine Herdennummer verfügen (offizielle Ohrmarken) und
der direkte Schaden (tote Tiere und Tierarztkosten im Fall von verletzten Tiere bis maximal in Höhe des Tierwerts) ist nachweislich oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Wolf zuzuschreiben.
Es ist ein Witz (den man auch als schlechten Willen deuten kann), dass sofort hinterhergeschickt wird, dass die „Auszahlung der Entschädigungen sehr zeitaufwendig ist und mindestens 5 bis 6 Monate in Anspruch nimmt“ - und das selbst bei solch geringen Beträgen wie z.B. 100 bis 150 Euro für ein Mutterschaf.
Achtung: Die Entschädigung wird möglicherweise nur für eine einzige Attacke gewährt. Schlägt der Wolf nämlich erneut zu, dann gibt’s nur dann eine Entschädigung, wenn der Viehhalter nach dem ersten Vorfall wirksame Herdenschutzmaßnahmen ergriffen hat (die sich im Nachhinein als unwirksam erweisen). Diese Bedingung könnte langfristig sogar auf den ersten Riss ausgeweitet werden, wie in einer Mitteilung des Wolfnetzwerks vom September vergangenen Jahres an die Gemeinden ausdrücklich „gewarnt“ wird.
Und Problemwölfe? Der Wolfsplan deutet an, wie sich die wallonische Politik und Verwaltung dazu positionieren: Man führt als Beispiel einen Wolf in der französischen Region Grand Est an, der zwischen Januar 2017 und Juni 2019 bei 152 Übergriffen auf Herden 480 Schafe tötete. Dazu wörtlich: „Dieser besorgniserregende Sachverhalt kann als Problemsituation gewertet werden.“ Wen’s jetzt noch nicht die Sprache verschlagen hat…
Links:
Permanentes Wolfssiedlungsgebiet (Karte)
Kontaktangaben Wolfsnetzwerk (Réseau Loup) (FR)