Der bevorstehende Brexit und die Wahl von Donald Trump zum Präsident der USA verunsichern die Märkte und werfen Fragen über die Zukunft der internationalen Handelsbeziehungen auf.
Dass die Briten mit einer knappen Mehrheit (52%) entschieden haben, die EU zu verlassen, müssen wir respektieren. Dabei sind die Interessen Großbritanniens und der EU sich doch so ähnlich. Großbritannien ist weit davon entfernt, seinen Nahrungsmittelbedarf aus eigener Produktion zu decken: Der global Selbstversorgungsgrad ist innerhalb eines Jahrzehnts immer weiter gesunken auf nur noch 62%! Die Briten sind somit auf Nahrungsmittelimporte angewiesen. So führten sie im Jahr 2015 aus der EU Obst und Gemüse im Wert von rund 6 Mrd. Pfund ein. Und Milch, Rindfleisch und Schweinefleisch im Wert von ca. einer Milliarde Pfund.
Belgien spielt eine führende Rolle. Über die belgischen Häfen werden Agrarerzeugnisse und Lebensmittel im Wert von 2,3 Mrd. Pfund über den Ärmelkanal auf die Insel exportiert. Dabei handelt es sich sicherlich zu einem großen Teil um Waren, für die Belgien nur ein Transitland darstellt. Nichtsdestotrotz ist Großbritannien direkt oder indirekt auch für belgische Produkte von großer Bedeutung.
Die britische Premierministerin Theresa May sprach in der vergangenen Woche harte Worte, als sie ihre Pläne zur Umsetzung des Brexit vorstellte. Auch wenn diese Härte als strategische Positionierung zu Beginn der Verhandlungen mit der EU verstanden werden muss, so haben wir dennoch höchstes Interesse an einem möglichst reibungslosen Handel mit Großbritannien. Denn ferne Märkte sind keine Alternative zum Handel mit Nachbarländern.
Ruhe bewahren und verhandeln
Jegliche Störung bestehender Handelsbeziehungen ist negativ. Einfuhrzölle und andere Handelshemmnisse verteuern die Ware im Importland. Dies drückt seinerseits die Nachfrage, was sich auf die Erzeugerpreise in den Exportländern auswirkt. Unsere Forderung an die Politik lautet deshalb: Ruhe behalten und mit Bedacht verhandeln. Diese Botschaft hat Bauernbund-Vorsitzende Sonja De Becker in der vergangenen Woche anlässlich eines Besuchs in London hochrangigen britischen Unternehmern bei einem Treffen übermittelt.
Auch die Wahl von Donald Trump zum Präsident der Vereinigten Staaten war ein Ereignis, dass für uns Europäer nicht ohne Folgen bleiben wird. Unmittelbar nach seiner Amtseinsetzung hat Trump seinen markigen Wahlkampfsprüchen erste Taten folgen lassen. Der Slogan America first ist nicht neu. Nein, im Agrarbereich war es stets das Leitmotiv der Amerikaner, speziell im Handel mit der EU. Neu ist, dass ein US-Präsident das nicht nur laut sagt, sondern auch danach handelt. So war eine seiner ersten Entscheidungen, das Transpazifische Handelsabkommen TPP nicht zu ratifizieren. Australien, Neuseeland, Japan, Chile, Vietnam, Malaysia und fünf weitere Pazifikanrainerstaaten müssen jetzt nach einem anderen Partner Ausschau halten. Wahrscheinlich wird China die Lücke ausfüllen, die die USA hinterlassen.
Vom Kühl- in den Gefrierschrank
Mit dem Scheitern von TPP ist auch klar, dass das geplante Handelsabkommen zwischen den USA und Europa (TTIP) kaum noch Aussichten auf ein Zustandekommen hat. Dies ist auch bis zur EU-Kommission vorgedrungen. So erklärte EU-Handelskommissarin Malmström in dieser Woche vor dem COPA-Präsidium, dass „TTIP vom Kühl- in den Gefrierschrank“ verlagert worden ist.
Die britische Premierministerin Theresa May ist der erste ausländische Regierungschef, der von Trump empfangen wurde. Man kann davon ausgehen, dass bei dem Treffen auch die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zur Sprache kamen. Aber das Wasser zwischen den beiden Ländern in Bezug auf den Handel mit Agrarerzeugnissen und Nahrungsmitteln ist tief. Ein Amerika, das sich von der Welt abkapselt, kann für Großbritannien keine echte Alternative zu den über Jahre gewachsenen Handelsbeziehungen zur EU sein. Dessen wird man sich hoffentlich allmählich auch in Großbritannien bewusst.