Die Anfang Juni veröffentlichten Kommissionsvorschläge für die Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 werfen mehr Fragen auf als sie Antworten geben. Am vergangenen Dienstag weilte EU-Agrarkommissar Hogan in Namür, um dem wallonischen Landwirtschaftsminister Collin und den landwirtschaftlichen Verbände der Region seine Vorstellungen zu verdeutlichen. Von ostbelgischer Seite nahmen Elena Theissen und Roger Croé an dem Treffen teil.
In einigen Punkten konnte der Agrarkommissar die Anwesenden beruhigen, in anderen nicht. Zu letzteren zählt die finanzielle Ausstattung der GAP. Hogan beharrt auf seinem Standpunkt, dass dem GAP-Haushalt „nur“ eine Kürzung von 5 bis maximal 7% droht. Den zu erwartenden Kaufkraftverlust blendet er konsequent aus. Im Übrigen liege die Entscheidung über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU nicht bei der Kommission, sondern dies liege ausschließlich in der Befugnis der Mitgliedstaaten. In diesem Zusammenhang forderte Collin die Föderalregierung in Brüssel auf, Druck auf Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark auszuüben, damit sie ihren EU-Beitrag erhöhen.
Regionale Strategiepläne
In einem anderen Punkt, an dem sowohl Flandern wie Wallonien gelegen ist, gab Hogan Entwarnung: Die neuen Strategiepläne müssen nun doch nicht auf nationaler Ebenen erstellt und umgesetzt werden. Stattdessen kann jede Region ihren eigenen Plan entwickeln. René Collin reagiert sichtlich erleichtert auf dieses Zugeständnis. Zur Erinnerung: In ihrem Strategieplan legt jeder Mitgliedstaat bzw. jede Region weitgehend selbst fest, wie er/sie die GAP-Mittel einzusetzen gedenkt, um die allgemeinen Ziele der GAP zu verwirklichen. Die Idee hinter diesem Vorschlag, den die EU-Kommission selbst ins Spiel gebracht hat: Die GAP kann national/regional maßgeschneidert auf die Eigen- und Besonderheiten abzustimmen und umgesetzt werden. Und darin ist Flandern und Wallonien gleichermaßen gelegen, weil die landwirtschaftlichen Modelle in beiden Landesteilen doch sehr stark auseinanderlaufen.
Mercosur
Ein anderes Thema, das die landwirtschaftlichen Verbände bei dem Treffen in Namür zur Sprache brachten, waren die Handelsabkommen, die die EU in jüngerer Zeit vermehrt mit Drittstaaten abgeschlossen hat oder noch abschließen möchte. Aus landwirtschaftlicher Sicht beäugt man die Verhandlungen mit dem sudamerikanischen Mercosur-Block besonders kritisch. So befürchten die Rindfleischerzeuger, dass ein Abkommen ihnen den Todesstoß versetzt. Weil die Südamerikaner die europäischen Umwelt- und Sozialstandards (noch) nicht erfüllen könnten, werde es so schnell kein Abkommen geben, wiegelte Hogan ab. Aber vielleicht mittel- oder langfristig? Nun, dazu äußerte der Kommissar sich nicht.
Junglandwirte
Und die Junglandwirteförderung? Nun, wenn es nach Hogan geht, dann wird diese im Rahmen der GAP 2021 weiter ausgebaut. Ob dann für die wallonischen Junglandwirte aber tatsächlich höhere Beihilfen anfallen als bisher, muss bezweifelt werden. Denn, wie Hogan erklärte, Wallonien geht bereits in der jetzigen GAP an die Grenze der zulässigen Förderung.
Ein Fazit? Bis die neue GAP nach 2020 steht, ist es noch ein langer und wohl auch steiniger Weg. Vieles von dem, was der EU-Kommission vorschwebt, muss noch mit konkreten Inhalten gefüllt werden, erst auf europäischer und später dann auf nationaler bzw. regionaler Ebene.